„Clash of generations“ oder gelebte Intergenerationalität: Visages Villages (Agnès Varda, FR 2017) Das Kunstwerk als Gegenwärtigkeit gestalteter menschlicher Existenz. Eine anokritische Betrachtung
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Abstract
Sowohl die öffentliche Diskussion des Themas „Altern“, die stark von sozio-politischen, medizinischen oder ökonomischen Beiträgen geprägt ist, als auch die gängige kulturwissenschaftliche Beschäftigung damit stellen „Alter“ als individuelle und soziale Belastung in den Mittelpunkt. Es bleibt dabei weitgehend unbeachtet, wie sehr auf diese Weise die negative Bestimmung von „Alter“ durch die Öffentlichkeit verfestigt und die vom Individuum vorgenommene lebensbejahende Gestaltung der Zeitlichkeit von Existenz, wozu das intergenerationale Verhältnis zu zählen ist, außer Acht gelassen wird. Der Film Visages Villages (FR 2017) von Agnès Varda demonstriert durch seine Eigenschaft als Kunstwerk diese individuell und sozial erfolgte Gestaltung menschlichen Lebens. Ein von Varda und dem Fotokünstler JR durchgeführtes gemeinsames Kunstprojekt – Gesichter des Lebens – wird als Prozess der Vergegenwärtigung, Äußerung individueller Authentizität dargestellt. Das Zusammenwirken von zwei Kunstformen – Fotographie und Film – ermöglicht die Präsentation einer Hermeneutik der Gegenwärtigkeit des Lebens, die als Identität des Kunstwerks auf eine mögliche der menschlichen Existenz verweist. „Alter“ und „Jugend“ sind demnach keine Attribute des Individuums oder der Gesellschaft, sondern Herausforderungen für die Gestaltung authentischen Menschseins. Dabei ist die Bereitschaft zu schaffen, immer wieder einen Anfang für die Gegenwärtigkeit des Lebens anzunehmen. Eine Kulturwissenschaft, die kulturelle Repräsentationen „anokritisch“ als Vergegenwärtigungen menschlicher Existenzgestaltungen versteht, tritt daher für eine – in den Kunstwerken angelegte – offene und lebensadäquate Hermeneutik der Lebensalter ein.
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