Gebrochenes Ver(-)sprechen Der Glaube der Kirche, ihr sexueller Missbrauch und die Macht der Scham

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Hans-Joachim Sander

Abstract

Der christliche Glaube verspricht eine Zukunft, die zu einem starken Auftritt einlädt. Aber daran ver-sprechen sich jene, die diese Zukunft mit selbstgerechter Macht zu ihrer Verfügung verwechseln. Dafür sind Petrus das primäre biblische Beispiel und der sexuelle Missbrauch in der Kirche ein bedrängender Beleg. Der Fall von Kardinal Groër offenbart, wie ein starker Auftritt des Glaubens, der andere beschämen soll, zu schamloser Selbstgerechtigkeit einlädt. Es ist kein Zufall, dass dieser verquere Habitus zur kennzeichnenden Last auf dem Pontifikat von Johannes Paul II geworden ist; seine Bischofsernennungen haben ihn gefördert, weshalb sein Widerstand gegen den sexuellen Missbrauch nach innen nicht halten konnte, was sein Schuldbekenntnis nach außen versprach. Darum greift die Aufarbeitung der kirchlichen Schuld im sexuellen Missbrauch so lange zu kurz, wie die Kultur der Schamlosigkeit nicht erfasst ist, mit der Täter ihre Opfer selbst über mögliche Schuldeingeständnisse hinaus knechten. Die Opfer bleiben mit Scham belastet, die zugleich aber im starken Glaubensauftritt als identitätspolitisches Muster genutzt wird. Solange dieses Muster in der Kirche nicht zerbrochen wird, ver-spricht sich ihr Glaube an seinen Versprechen.

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Zitationsvorschlag
Sander, H.-J. (2018). Gebrochenes Ver(-)sprechen: Der Glaube der Kirche, ihr sexueller Missbrauch und die Macht der Scham. LIMINA - Grazer Theologische Perspektiven, 1(1), 114–140. Abgerufen von https://limina-graz.eu/index.php/limina/article/view/3
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